Wir begreifen Diversity als eine Strategie in der politischen Bildungsarbeit, die sich auf Basis der interkulturellen und rassismuskritischen Bildungsarbeit entwickelt, um intersektionale Strukturen deutlich zu machen.

Es bedeutet, Zuschreibungen aufgrund kultureller Zugehörigkeiten und Unterschiede zwischen kulturellen Zugehörigkeitsgruppen zu dekonstruieren und an Stelle von scheinbaren kausalen Zusammenhängen individuelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten aufzuzeigen.

Es bedeutet ebenso, sich mit Erscheinungsformen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit auseinander zu setzen, die im gesellschaftlichen Leben auftreten. Diese Auseinandersetzung kann aus unserer Sicht aber nur dann gelingen, wenn sich die Lebenswelten, Aktionsräume, die Interpretations- und Wahrnehmungsmuster sowie die Interessen der Teilnehmenden darin wiederfinden.

Die Bildungsstätte Kaubstraße versucht bereits seit vielen Jahren, ihre Seminarangebote hinsichtlich ihrer Teilnehmenden auszurichten. Die Bandbreite der Themen ist unserer Ansicht nach dadurch weder schmaler, noch sind die Inhalte unpolitischer. Gesellschaftlich relevante Themen wie Gender, Partizipation, Demokratie oder Rassismus versuchen wir in Formate zu bringen, die kompatibel sind mit unseren Teilnehmenden – statt um Staatssysteme geht es häufig um Familien, Peer-Groups oder die eigene Schulklasse, um uns mit gelingenden und hinderlichen Strukturen innerhalb verschiedener gesellschaftlicher Gruppierungen auseinander zu setzen. Doch auch Seminare zu Themen wie Deutschland nach 1945, Globalisierung oder Fairer Handel lassen sich so gestalten, dass der Bezug zu möglichst vielen unserer Teilnehmenden hergestellt wird. Wir bemühen uns, die Situationen von Mehrheiten und Minderheiten sowie die in den einzelnen Kontexten bestehenden Machtverhältnisse zwischen den unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen den Teilnehmenden näher zu bringen.

Zusammentreffen mit Angehörigen von Minderheiten sowie Besuche von Organisationen und Projekten sind häufig Bestandteile der Seminarwochen. Direkte Kommunikation mit Menschen, die für viele Teilnehmende sonst nur Angehörige einer nicht weiter bekannten Gruppe von Menschen sind, ist ein wesentlicher Bestandteil unserer diversitätsorientierten Bildungsarbeit. Bilder in den Köpfen der Teilnehmenden sollen dadurch überprüfbar werden.

Ein weiterer wichtiger Faktor und eine große Herausforderung stellt die Gestaltung der einzelnen didaktischen Einheiten in der direkten Seminararbeit vor Ort dar. Oft sind die Kommunikationsformate unserer Teilnehmenden mit denen „herkömmlicher politischer Bildung" nicht wirklich kompatibel. Hier gilt es für uns, einen Sprachgebrauch zu finden, der für alle passt und niemanden ausgrenzt. Ähnlich ist es bei der Gruppengröße, der Dauer der Einheiten und dem Schwierigkeitsgrad von Aufgaben und Übungen, die immer wieder überprüft werden und der jeweiligen Gruppe angepasst werden. Es bedarf einiger Flexibilität und Bereitschaft seitens der Teilnehmenden, des Teams, der begleitenden Lehrer_innen sowie des gesamten weiteren Hauspersonals, die eigenen Werte und Normen lediglich als eine Position von womöglich zahlreichen anderen wahrzunehmen und nicht von Selbstverständlichkeiten auszugehen. Der Lernort Bildungsstätte bietet dafür einen sehr geeigneten Rahmen – Gruppengröße, Zeiten und Regeln sind im Vergleich zum Lernort Schule flexibler und lassen sich bei entsprechender Bereitschaft der Entscheidungsträger_innen auf die jeweiligen Gruppen abstimmen. Dass dies aber auch in unserer Einrichtung keine Selbstverständlichkeit ist, liegt sowohl an Bedürfnissen, Deutungsmustern und individuellen Wahrnehmungen, als auch an Arbeitszeiten und finanziellen Möglichkeiten. Es hängt in jedem Seminar von vielen Faktoren ab, wie gut die Kooperation zwischen den einzelnen Protagonist_innen funktioniert.

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