Das erste Jahr unseres Modellprojektes im Rahmen des Bundesprogramms Demokratie leben liegt hinter uns. Über 150 junge Menschen nahmen an den 5 Wochenseminaren zum Thema "Antiziganismus erkennen, benennen, entgegenwirken" teil und entwickelten im Anschluss zahlreiche Produkte und Aktionen, mit welchen sie auf das Thema "Feindlichkeit gegen Sinti und Roma" aufmerksam machen wollen.
Modellprojektjahr eins (2015/16)
Antiziganismus/Rassismus gegen Sinti und Roma/Gadjé-Rassismus
Nach über einem Jahr Modellprojektlaufzeit konnten wir zahlreiche Lernerfahrungen sammeln, welche einen dynamischen und selbstkritischen Prozess anregten. Bewusst entschieden wir uns für eine Vielfalt von Formaten, um eine multiperspektivische Sichtweise auf unsere Inhalte, Didaktik, Methodik und Sprache zu erhalten. Auf diversen Fachtagungen etwa tauschten wir uns zu den politischen wissenschaftlichen und sozialen Dimensionen des Phänomens „Rassismus gegen Sinti und Roma“ aus.
Oftmals gingen wir aus den Veranstaltungen mit neuen Fragen heraus, als mit fertigen Antworten:
Diese und weitere Fragen sind die treibende Kraft, das Projekt voranzubringen. In Gesprächen mit unseren Kooperationspartner_innen und mit pädagogischen Fachkräften aus unserem Teamkreis stellen wir uns gern diesen Herausforderungen und suchen gemeinsam nach Trampelpfaden, gepflasterten Straßen und unerschrockenen Wegen.
Im Folgenden skizzieren wir die bisherigen Bausteine des Modellprojekts und wünschen viel Spaß bei der Lektüre!
Zur Sprache
Der Begriff „Antiziganismus“ wird kontrovers diskutiert. Zahlreiche Angehörige der Minderheit sprechen sich gegen den Begriff aus, da er Stereotype reproduzieren kann.
Hajdi Barz (Beiratsmitglied): „Es ist wichtig, die Deutungshoheit über Begriffe aus der Betroffenenperspektive anzuerkennen. Es macht viel aus, wer über was spricht.“ Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, viele Begriffe gleichzeitig zu verwenden, und somit dem andauernden Diskurs im Projekt gerecht zu werden.
Konzeptgruppentreffen
Bislang haben wir uns drei Mal zu einem Konzeptgruppentreffen in der JBS Kaubstraße getroffen. Das Hauptanliegen der Treffen war es, Ziele für die Bildungsveranstaltungen zu formulieren, auf dieser Grundlage ein Seminarkonzept zu erarbeiten und im Anschluss Evaluationsinstrumente zu entwickeln. In Folge dessen fanden zwei Fortbildungen für freiberufliche Referent_innen statt.
Zielgruppen
Unsere Bildungsveranstaltungen bieten wir bisher Freiwilligen an, welche über den Landesjugendring Berlin und den Türkischen Bund Berlin vermittelt werden. Jedoch sind wir auch offen für weitere Zielgruppen, wie Schüler_innen der Sek I und Sek II.
Seminare
Im ersten Modellprojektjahr konnten wir drei Projektwochen zu dem Thema „Rassismus gegen Sinti und Roma“ anbieten. Aus diesen Veranstaltungen sind zahlreiche Mini Aktionen hervorgegangen, welche die meisten Teilnehmenden selbständig konzipiert und durchgeführt haben.
Mini Aktionen
Aktiv werden, Selbstwirksamkeit erleben und sich in gesellschaftliche Diskurse einmischen konnten die Teilnehmenden mittels ihrer Mini Aktionen erfahren. Unter Eigenregie ihres Zeit- und Ressourcenmanagements entwickelten die Teilnehmer_innen Aktionsformate, mit denen sie für das Phänomen des Gadjé-Rassismus sensibilisieren und dem allgegenwärtigen Rassismus gegen Sinti und Roma Sichtbarkeit verleihen.
Petite Presentation
Wissenschaftlicher Beirat
Als wichtiges Evaluationsinstrument fungiert der Projektbeirat, welcher zwei Mal jährlich in der Jugendbildungsstätte Kaubstraße zusammenkommt. Themen wie Begrifflichkeiten, Konzept, Ziele und Formate werden diskutiert. Dabei greifen wissenschaftliche, pädagogische, soziale und politische Perspektiven ineinander und befruchten sich gegenseitig.
Die Mitglieder sind:
Film
Die JBS Kaubstraße arbeitet an einem Dokumentarfilm zum Thema "Realitäten von Sinti und Roma in Deutschland". Wir erhoffen uns von dem geplanten Dokumentationsfilm eine erhöhte Wirksamkeit der Bildungsarbeit gegen die Feindlichkeit gegen Sinti und Roma, denn die Perspektiven derjenigen, die Antiziganismus alltäglich persönlich erfahren, leisten einen entscheidenden Beitrag dazu, antiziganistische Ressentiments und Klischees der Mehrheitsgesellschaft in der Bildungsarbeit mit einer neuen Qualität in Frage zu stellen. Ein solcher Film soll Sinti und Roma als marginalisierte Minderheit in ihrer subjektiven Stimme und in der mehrheitsgesellschaftlichen Wahrnehmung stärken und den Betrachter_innen Einsichten in unterschiedliche Lebensrealitäten von Sinti und Roma, und damit Empathieentwicklung und Perspektivwechsel ermöglichen.
Kooperationspartner_innen