oder Der kleinste gemeinsame Nenner einer Gesellschaft heißt Vielfalt
Bei einem bedachten Belauschen unserer eigenen Identitätsmelodie können wir ganz viele, verschiedene Höhen und Tiefen, Rhythmen und Töne wahrnehmen.
Wir sind vieles, niemals nur eines, vereinen trommelnde Leidenschaften, schöpferische Eigenschaften und paradoxe Träume in uns. Und so vielfältig wie wir selbst klingen (können), zaubert unsere diverse Gesellschaft auch wundervoll aufregende Klänge und kann Heavy-Metal-Konzert, Symphonieorchester und Jazzbar in einem sein. Eigentlich soweit so musikalisch schön. Doch die Sänger*innen von „Volks“liedern werden lauter. Sie verkünden, dass gesellschaftliche Vielfalt gefährlich sei und authentische, traditionelle Melodien torpediere, ja für immer zerstöre, wenn nicht schnell gehandelt wird: Grenzen zu, abschieben oder wegsperren – alle, die, so der vermeintliche Tenor, nicht im gleichen, ja einzig richtigen Takt zu sein vermögen. Doch wer bestimmt diesen „richtigen“ Takt, der über ein Wir und die „Anderen“ entscheidet, über Partizipationsmöglichkeiten oder Marginalisierung bestimmt? Was hat all das mit Machtverhältnissen und Privilegien zu tun und wie bespielt meine eigene Identität das gesellschaftliche Glockenspiel? Oder andersherum: wie sehr ist der eigene Klang dirigiert von gesellschaftlichen Verhältnissen?
Aufbauend auf diesen und weiteren Fragen werden die Teilnehmenden in den Diversity Seminaren der Jugendbildungsstätte Kaubstraße mithilfe von vielfältigen Methoden für gesellschaftliche Schieflagen sensibilisiert. Dabei werden Reflexionsprozesse angeregt, die die Teilnehmenden ermutigen sollen, eigene Bilder im Kopf zu hinterfragen. Sie sollen untersuchen, wie sich diese Bilder zusammensetzen und ob und wie sie sich ausradieren lassen. Sie werden ermuntert, das grummelnde Ungerechtigkeitsempfinden in gesellschaftlichen Verhältnissen wahrzunehmen. Es erfordert eine Menge Mut, sich selbst und die eigene Haltung in Frage zu stellen, das Wanken des bisher Erlernten auszuhalten und sich für eine vorurteilsbewusste Haltung zu öffnen. Und es erfordert auch Mut sich der Frage zu stellen, welche Verantwortung wir übernehmen können, welche Handlungsoptionen wir ausschöpfen oder schaffen müssen, damit das „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ zur Lebensrealität für alle wird. Insbesondere wenn die eigene Marginalisierungen und Benachteiligungen vieler unserer Teilnehmenden ihre aktuelle Lebensrealitäten bestimmt. Aber nur wenn wir diese Fragen ernst nehmen, können wir lernen zu den vielfältigen Melodien unserer Gesellschaft ganz achtsam miteinander zu tanzen, ganz gleich welcher Herkunft, Hautfarbe, körperlicher Merkmale, sexueller Orientierung, Religion, welchen sozialen Status oder welches Alter und Geschlecht jede*r Einzelne hat. Und: Nur so verstehen wir Position zu beziehen gegen Marginalisierung und Diskriminierung jeder Art.