Vom Gehen, Bleiben, Da-Sein und So-Sein

Wir alle kommen von woher und sind gerade irgendwo, haben einen Geburtstort, eine (emotionale) Heimat, können geographische Geschichten über unsere Leben erzählen und in uns spüren.

Manche von uns haben lange Strecken und Qualen hinter sich, mussten fliehen vor Krieg, Verdrängung, Verfolgung oder haben wegen Arbeit oder der Liebe einen neuen Wohnort gefunden. Migrationsbewegungen hat es immer gegeben, die meisten Gesellschaften basieren auf ihnen und den wenigsten von uns sind Migrationsgeschichten in der eigenen Familie fern. Und trotzdem: Die Themen Flucht, Migration und Asyl sind so präsent wie lange nicht mehr. Gleichzeitig haben rassistische Ressentiments und Stigmata dröhnende Konjunktur erfahren, Mythen und Märchen über Geflüchtete bestimmen Debatten und dienen als willkommene Legitimation für Ausschluss, unterscheiden zwischen sogenannter guter Migration und einer, die es zu verhindern gilt. Mit Blick auf die Asyl- und Migrationspolitik werden bleischwere Debatten geführt. Doch wer und was bestimmt diese Diskurse? Welche Kontinuitäten lassen sich erkennen, von welchen Folgen sprechen wir?

Die Flucht, Migration und Asyl Seminare der Jugendbildungsstätte Kaubstraße wollen aufräumen mit gefährlichen Erzählungen und unbewiesenen Behauptungen, wollen Raum schaffen für Historie, Hintergrund und persönliche Geschichten aus dem globalen Süden, für Zahlen und aufrichtige Auseinandersetzungen, für die Frage von Identität und eigener Verwobenheit, für Solidarität und Empowerment. Sie wollen anregen, trügerische Bilder im eigenen Kopf zu erkennen, zu kontextualisieren und letztendlich abzubauen. Es soll untersucht werden, wie Rassismus die Konstruktion des hiesigen Heimatgefühls bespielt. Denn über Migration, Flucht und Asyl können wir nicht sprechen ohne die Bedingtheit rassistischer Strukturen anzuerkennen, ohne die Entwicklungen von Grenzen und Nationalstaaten zu prüfen und ohne die Wörter Kolonialismus und Imperialismus in den Mund zu nehmen. All das bestimmt unsere Lebensrealitäten, unsere Identitätslandkarte, unser Familienschicksal, wenn auch auf ganz unterschiedliche Weisen.